Heilende Liebe

Wettbewerbsbeitrag von Firdaus Gassen, 15 Jahre

Das Schicksal scheint mich zu hassen, will mich an den Abgrund treiben, mich verlieren lassen. Und um ehrlich zu sein, muss ich schon verloren haben. Viel zu oft werde ich gezwungen, an diesen einen Ort zurück zu gehen, an dem meine Liebe nur so darauf wartet, mein Herz mit unerträglichen Schmerzen schlagen zu lassen. Ich werde gezwungen, dort zu leiden. Ich vermeide deine Worte, vermeide deinen Blick, doch deine bloße Präsenz, so scheinbar glücklich ohne mich, verletzt mich tief, ganz innerlich. Ich kann nur an dich denken, will nur mit dir sein, also was macht mich so abschreckend, dass du das Gefühl nicht teilst?

Ich will all dem entkommen, den Zwang in Stücke reißen, doch das Schicksal lässt dies nicht zu. Kann ich nicht entfliehen? Ist leiden der einzige Weg? Es muss doch eine Lösung geben, dieser verfluchten Liebe zu entfliehen.

Ich versuche bitterlich Mängel in dir zu finden. Es muss sie geben. Doch mein Herz blendet meinen Verstand. So perfekt erscheinst du mir. Jede einzelne Unebenheit kann ich mir mit schönen Lügen ausbeulen. Schließlich ist es meine Schuld, dir Böses zugeschrieben zu haben.

In einem Kreis bin ich gefangen, verflucht, die äußere Linie immer wieder entlangzulaufen. Doch ist es ein Kreis des Teufels oder fehlt mir der Glauben? Beten tue ich, zu Gott, dem Herrn.

Hilf mir einen Ausweg zu finden, meine Sinne zu befreien!

Oh, bitte hilf mir, Zufriedenheit zu erlangen auf eine Art, die dich mit mir zufriedenstellt!


Gott um Hilfe zu bitten und zu hoffen, dass er mir beisteht, hebt die größte meiner Lasten von meinen Schultern.

In tiefster Nacht kommen mir die Tränen. Sie kullerten meine Wangen entlang bis sie mein Gesicht verließen, bis der innere Schmerz nach außen getragen wird. Weinen und trauern füllen diese Nacht bis die Erschöpfung mich zum Schlafen zwingt.

Nun kann ich freier atmen, mein Blut kann im Übermaß strömen. Meine Sinne sind befreit, mein Verstand ist nicht mit Gedanken an dich gefüllt. Mein Herz kann schlagen, ohne mir Schmerzen zuzufügen. Es wurde gelehrt, sich zu verteidigen. 

Ich habe verstanden: Du willst mich nicht. Du brauchst mich nicht. Du liebst mich nicht.

Ich denke, ich habe Frieden gefunden. Ich kann wieder fühlen und lieben ohne Fesseln gebunden an dich.

Doch so schnell all dies kam, so konnte es verschwinden.

Was dies auslöst, frage ich mich. Was ist passiert? Eine Antwort bekam ich nicht, nicht jetzt.

Die Schmerzen kehren zurück. Wie kann ich mich wehren? Ich will nicht erneut diese Qualen erleiden! Vielleicht sollte ich mein Herz vor allen Menschen verbergen? Meine Gefühle verschließen und verstummen lassen.

So geschieht es. Mein Herz, ist ein Schloss, und ich habe den Schlüssel. Ich verwahre ihn, bis du in bei mir in Vergessenheit gerätst.
Doch in Wirklichkeit geschieht nichts. Ich will dich nicht vergessen, ich konnte dich nicht gehen lassen. Und so vergehen die Zeiten. Die Welt entwickelt sich weiter, nur ich habe nichts erreicht.

Ich befinde mich erneut am Abgrund, kurz davor hineinzustürzen.

Das Schicksal verflucht mich mit kleinen Momenten der Hoffnung, nur um mir diese mit höllischem Gelächter wieder wegzunehmen. Es schaut mit Freuden zu, wie ich nach und nach immer wieder zerfalle, nach dem ich fast vollendet war.

Mein Herz ist schon längst geschlossen. Der Schlüssel ist schon lange von Staub bedeckt aus meiner Sicht verschwunden. Was soll ich denn sehen? Hoffnung darauf zu heilen? Zu fühlen? Zu lieben ohne Schmerz?

Liebe gleicht Schmerz.

Ich bin doch schon alleine, ich habe alle Menschen mit meinem jetzt kalten, gefühlslosen Herzen erfrieren lassen. Ich bin abgeschottet von der Welt. Ich sehe dich nur noch, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, also warum dieser Schmerz?

Es war alles gut. Für einen kurzen Moment. Was ist geschehen, welches diesen inneren Frieden zunichte machte? Welche Sünde habe ich begangen, um diese Strafe zu verdienen?
Gesündigt… Jeder Mensch sündigt, jeder verdient Leid. Doch ich will dieses Leid nicht. Dies ist feige und ich bin egoistisch, doch dieses Leid muss ich abhängen. Wenn nicht werde ich mich selbst zerstören. Ich zerfresse mich jetzt schon innerlich.

Welche Mittel kann ich anwenden, um Vergebung zu erhalten? Sollten gute Taten folgen, um meine bisherigen Schindtaten zu beheben? Nein, das alleine würde nicht reichen. Sünden sind unausweichlich in einem fehlerreichen Geschöpf.

Was hat mir einst den Schmerz genommen?

Es waren meine ständigen, wiederkehrenden bitten, vollzogen unter dem Schleier der Nacht. Mein Flehen um Hilfe, die nur von Gott kommen kann.

Somit wende ich mich erneut, nach so langer Zeit, zu Gott hin, hebe meine Hände und öffne mein Herz, so das mein Innerstes, meine Seele, vor ihm offen liegt. Nackt und ohne jegliches Verbergen. Ich bin wahrlich schwach. Nur durch Gott erhalte ich Kraft.

Oh mein Herr! Vergib mir meine Übel! Ich bereu meine Sünden!
Bitte erlöse mich von meinem Leid und zeige mir den rechten Weg!
Wahrlich, ich habe dich vernachlässigt! Lass mich diesen Fehler nicht nochmal begehen!
Lass mich bei dir bleiben!
Hilf mir bitte, nicht noch einmal dem Schmerz dieser irdischen Liebe zum Opfer zu fallen!
Erlaube mir dich so sehr zu lieben, dass keiner dich übertrifft!
Lass mich deine Vergebung verdienen!


Somit zerbricht die kalte, gefühlslose Schicht, die ich um mein Herz errichtet habe. Erneut breche ich in mich zusammen und überlasse all meine Qualen dem Allmächtigen. Ich weine, bereue, hoffe und flehe bis die Nacht ihren dunkelsten Punkt erreicht hat und mich der Schlaf erneut in seinen Bann zieht.

Die Zeit verging. Und genauso verging der Schmerz. Meine Gefühle kamen wieder zum Vorschein und ich strahlte die Menschen um mich herum zum ersten Mal in langer Zeit wieder mit Sonnenstrahlen an. Liebe finde ich nun an den verschiedensten und noch so kleinsten Orten. Lächeln tue nun nicht mehr für andere, sondern für mich selbst. Gutes kommt nun von Herzen, für Gott. Und alles Gute was ich für ihn tue, lässt er zu mir zurückkehren.

Der Schmerz ist nicht komplett verschwunden. Doch er ist dabei zu verschwinden. Ich bin am heilen, habe mich geändert. Nicht durch meine eigene Kraft, sondern durch die, welche Gott mir leih.

Mein Verstand ist gereinigt. Ich erinnere mich zurück an eine Zeit wo alles an was ich denken konnte du warst. Doch nun blicke ich zurück und bin dankbar für den Schmerz der mir durch dich zugefügt wurde. Er brachte mich zurück zu meinem Herrn, zu meinem Glauben. Er lehrte mich nicht abhängig von der Liebe der Menschen zu werden. Er lehrte mich geduldig zu sein. So lange zu warten und mich zu bessern bis in meiner Seele kein Platz mehr für diesen Schmerz war.

Jetzt ist diese Reise vorbei, und ich kann mich verschieden. Von dem Schmerz, von dir und diesem Ort. Gott gab mir die Erlaubnis ihn endlich zu verlassen, die Erlaubnis dich zu vergessen. Ich trage keinen Groll in mir gegen dich. Finde die für dich richtige Liebe. Ich war es nicht und somit verabschiede ich mich.

Tränen laufen meinem Gesicht entlang, welche mich trösten.

Lebe wohl.








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Am 27. November 2022 fand die Lesung zum Schreibwettbewerb VERWANDELBAR statt, bei der fünf der Gewinner:innen ihre wunderbaren Texte präsentierten. Moderiert wurde die Lesung durch den Autor Manfred Theisen, der auch Mitglied der Jury war.

Autorin / Autor: Firdaus Gassen, 15 Jahre