Wie Farben im Regen

Autorin: Alicia Zett

„Und leise frag' ich mich / Bleibst du dann noch du, wenn du diesen Weg gehst?“ (Luca Pfeiffer - Bleibst du? (2024))

Der dritte Band der ‚Liebe ist…‘-Trilogie von Alicia Zett trägt den Titel ‚Wie Farben im Regen‘ und widmet sich genau dieser Frage. Im letzten Schuljahr auf dem Eliteinternat Schloss Mare lernen wir Caro und Sam näher kennen, welche schon lange Zeit ein Paar sind. Als Caro bemerkt, dass Sam sich zunehmend zurückzieht und verstummt, erfährt sie, dass ihre vermeintliche Freundin ihr Freund ist. Samuel ist trans und möchte mit maskulinen Pronomen angesprochen werden. Ein langwieriger und anstrengender Prozess der Selbstverwirklichung steht ihm bevor - von Coming-outs bis hin zur Vornamens- und Personenstandsänderung. Nicht zu vergessen: die Frage, was all dies für die beiden als Paar bedeutet. Passt das Label ‚lesbisch‘ immer noch zu Caro, wenn sie doch nun einen Mann liebt? Und was ist, wenn sie Samuel nach seiner Transition körperlich nicht mehr attraktiv findet? Und mal ganz davon abgesehen… wohin führt die Zeit nach dem Abitur die beiden überhaupt?

Mit ihrem Roman spricht Alicia Zett empathisch über mögliche Herausforderungen, die auf Paare zukommen, in denen ein*e Partner*in eine Transition durchlebt. Dabei verliert sie nicht aus den Augen, dass es sich auch um eine mitunter schwierige und emotionale Umstellung für das Umfeld handelt, insbesondere für Eltern und andere Familienmitglieder. Sie geht ehrlich mit Fragen um, die man sich als Partner*in vielleicht nicht auszusprechen traut, und findet ebenso ehrliche Antworten darauf. Und benennt, wenn es (noch) keine Antworten gibt. Zugleich werden typische Gedanken thematisiert, welche mit dem herannahenden Schulabschluss kommen.

Ob es nun realistisch ist, dass Samuels schulisches Umfeld so positiv auf sein Coming-out reagiert, lässt sich infrage stellen. Persönlich halte ich es für eine Mut machende Geschichte, und davon habe ich in queeren Büchern bisher viel zu selten gelesen. Es ist trauriger Alltag, dass queere Personen in verschiedenen Bereichen ihres Lebens mit Diskriminierung konfrontiert werden. Deshalb halte ich es für umso wertvoller, mal nicht von einer Geschichte zu lesen, in der Personen hauptsächlich Ablehnung für ihre Queerness erfahren. Sie kann Lesende bestärken, die ebenfalls vor der Entscheidung stehen, sich zu outen, oder sich selbst gerade mit einer Transition in ihrem Umfeld zurechtfinden müssen. Sie lädt vor allem dazu ein, über all die Fragen und Sorgen ins Gespräch zu kommen und den Prozess positiv und akzeptierend anzugehen.

Der Roman ist in einem einfachen, jugendlichen Stil geschrieben und erzählt das gesamte Geschehen aus der Perspektive Caros. Ab und an lassen sich auch Tagebucheinträge darin finden, wodurch ihre Gedanken noch einmal greifbarer werden. Vielleicht hätte es sich angeboten, einzelne Kapitel aus Samuels Sicht zu verfassen, um seine Perspektive mehr einzubringen. Meiner Meinung nach tut es der Erzählung jedoch absolut keinen Abbruch, sich lediglich auf Caros reflektierte und umsichtige Sichtweise zu beschränken.

Mir persönlich gefallen die Cover der Reihe unheimlich gut (und auch hier wieder: Warum bedruckt der ONE-Verlag die Buchrücken immer mit nach rechts geneigtem Kopf?!). Das Cover von ‚Wie Farben im Regen‘ trägt die Farben der Trans-Pride-Flagge und zeigt Caro und Samuel bei einer Umarmung.

‚Wie Farben im Regen‘ ist ein Roman, der Ja sagt - zu Veränderungen und zu Vielfalt. Und das ohne aus den Augen zu verlieren, dass Selbstverwirklichung mit Höhen und Tiefen für alle Beteiligten einhergehen kann.

Erschienen bei One

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Autorin / Autor: Louisa - Stand: 15. März 2024