Von Schullangeweile und Spinnengreifern

Die Ig Nobel Preise für skurrile Forschung wurden verliehen. Zu bestaunen gibt es wieder bemerkenswerte Forschungsarbeiten

Erst lachen, dann denken - das ist das Motto der wissenschaftlichen Spaßpreise Ig Nobel für unwahrscheinliche Forschung. Honoriert werden jährlich abwegige, skurrile oder merkwürdige Forschungsarbeiten, die aber dennoch das Zeug haben, zum Nachdenken anzuregen. Wenn auch "Ig" für "ignoble" also "unehrenhaft" oder "unedel" steht, ist die Auszeichnung kein bösartiger Negativ- oder Spottpreis und wird von den Nominierten sogar häufig persönlich entgegengenommen. Die humorvolle Preisverleihung, bei der die Geehrten in Vor-Corona-Zeiten mit Papierfliegern beworfen wurden, hat Kultstatus und gilt auch unter Wissenschaftler:innen als liebenswerte Institution. Die Preise wurden am 14. September online verliehen inklusive der für die Veranstaltung typischen Kurz-Opern und wirklich sehr skurrilen Gesangseinlagen. Papierflieger gab es natürlich ebenfalls, wenn auch nur virtuell.

Der Ig Nobel Preis für Chemie und Geologie offenbart den Geist des Preises. Gewonnen hat Jan Zalasiewicz, der in seiner Arbeit "Eating Fossils" untersucht hat, warum viele Wissenschaftler:innen gerne an Steinen lecken. Kommt euch seltsam vor? Der Jury der Ig Nobels ging es ähnlich ;-).

Der Preis für Literatur ging an ein Team für eine sehr, sehr, sehr lustige Studie, die sich darum drehte, wie Leute sich fühlen, die einzelne Worte sehr, sehr, sehr oft wiederholen. Das Ergebnis: sie fühlen sich merkwürdig. Die Autor:innen der Studie bezeichnen das Gefühl als "jamais vu" (nie gesehen) Effekt (das Gegenteil von einem Déjà-Vu-Gefühl). Muss man nicht verstehen, darf man aber drüber schmunzeln.

Der Ingenieurspreis ging an ein Team aus Indien, China, Malaysia und den USA. Die Forscher:innen hatten sich nicht nur von Tieren inspirieren lassen, um neuartige Werkzeuge und Komponenten zu erschaffen. Sie haben sie gleich miteingebaut. In diesem Fall ging es um Bestandteile toter Spinnen, die zu einem Greifwerkzeug "wiederbelebt" wurden.

Toilette mit anal-print-sensor

Intimsphäre in der Toilette? Fehlanzeige! Seung-min Park (Südkorea) wurde für die Erfindung der "Stanford Toilette" ausgezeichnet. Das Multifunktionsklo integriert verschiedene Technologien: es analysiert den Urin mittels eines Teststreifens und nimmt mit verschiedenen Techniken den Stuhl unter die Lupe - "anal-print sensor", Kamera und Telekommunikationsanschluss, um die Ergebnisse zu übermitteln, inklusive. Preiswürdig seltsam!

Eine Arbeit über die besonderen mentalen Aktivitäten von Menschen, die gut rückwärts sprechen können, wurde mit dem Kommunikationspreis ausgezeichnet. Hcsnuwkcülg!

Der ungemein spannenden Frage, ob Menschen in beiden Nasenlöchern gleich viele Haare haben, ist ein internationales Team um Christine Pham nachgegangen. Untersucht haben sie das an menschlichen Leichen. Wie die Erkenntnis, dass Menschen rund 110-120 Haare pro Nasenloch haben, uns weiterbringt, bleibt ein ungelöstes Rätsel. Das internationale Team hat den Ig Nobel in der Kategorie Medizin darum mehr als verdient.

Inwieweit elektrifizierte Essstäbchen und Strohhalme den Geschmack beeinflussen, untersuchten die japanischen Forscher:innen Homei Miyashita und Hiromi Nakamura. Zur Belohnung gab es den Preis in der Kategorie Ernährung.

Gelangweilte Schüler:innen

Besondere Aufmerksamkeit verdient das Team, dass mit dem Ig Nobel für Bildung ausgezeichnet wurde. In der Studie mit dem vielsagenden Titel "Boredom Begets Boredom" (Langeweile führt zu Langeweile) wurde die Langeweile von Schüler:innen und Lehrer:innen unter die Lupe genommen. Wichtigste Erkenntnis: Je mehr erwartet wird, dass etwas langweilig ist, desto langweiliger wird es empfunden. Und: Gelangweilte Lehrer:innen machen es noch langweiliger für Schüler:innen. Gähn!

Don't look up? Teils, teils. Den Preis für Psychologie bekam ein Team, das in einem Straßenexperiment überprüfte, wie viele Passant:innen nach oben gucken, wenn sie Fremde beobachten, die nach oben gucken. Hintergrund der Studie war, zu untersuchen, wie groß eine Gruppe sein muss, damit sie andere mit ihrem Verhalten anstecken kann.

Last but not least: Forscher:innen um Bieito Fernández Castro hatten die Auswirkungen sexueller Aktivitäten von Sardellen auf die Zusammensetzung von Meerwasser untersucht. Wofür das gut ist? Für einen Ig Nobelpreis in Physik!

Ihr seht, Wissenschaft muss nicht trocken sein. Und wenn auch die ein oder andere der hier prämierten Forschungsarbeiten sehr, sehr, sehr seltsam klingt, heißt das nicht, dass die Arbeiten nicht lehrreich waren und sind. Unter den Ig Nobelpreisträger:innen sind übrigens auch einige Berühmtheiten zu finden, z.B. der Physiker Andre Geim, der neben dem Ig Nobelpreis auch einen echten Nobelpreis gewonnen hat. Oder der Physiker Robert Matthews, den ihr sicher für sein mit dem Ig-Nobel ausgezeichnetes "Murphys Gesetz" kennt, welches besagt, dass Toastbrotscheiben immer auf die gebutterte Seite fallen.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 19. September 2023