Mission: Kleidung retten!

Larissa hat Elena Schiff von IGLU in Köln zu nachhaltiger Mode und ihrem aktuellen Jeans-Recycling-Projekt befragt

Nachhaltige Kleidung kaufen, gebrauchte Kleidung recyceln und erfahren wie man ressourcenschonend leben kann – all das ist möglich im IGLU in Köln. Elena Schiff, Geschäftsführerin des Ladenlokals, welches gleichzeitig ein Bildungsort ist, hat mit uns über faire Mode, Upcycling-Projekte und den Wert von Gemeinschaft gesprochen.

Hallo Elena! Wofür steht die Abkürzung IGLU?

Elena: Der Name IGLU steht für: Inspiration für Gemeinwohl und Lernort zum Umdenken. IGLU bedeutet auch Haus und das passt ganz gut zu unserer Selbstwahrnehmung. Wir wollen kein reiner Konsumort sein, sondern wie man in Köln sagt, ein „Veedelswohnzimmer“. Unsere Gäst:innen sollen entdecken, lernen, sich mit anderen austauschen und verbinden, Zeit verbringen und Ideen schmieden können. Das IGLU dient dabei als Drehscheibe für nachhaltigen Konsum. Bei uns erfährt jede:r, wie ressourcenschonender Konsum in der Praxis aussehen kann. Neben ökofairer B-Ware verkaufen wir Unikate von zahlreichen lokalen Upcyclinglabels. Das Retten von Lebensmitteln und der Tausch von Kleidung bietet weitere Möglichkeiten für nachhaltigen Konsum. Zudem gibt es Vorträge, Diskussionsrunden oder Filmabende zu Themen wie Nachhaltigkeit oder ressourcenschonender Lebensweise. Für alle Altersgruppen ab der 4. Klasse gibt es weiterhin vielfältige Upcycling- oder Reparatur-Workshops und unser Angebot wächst stetig.

Wie entstand bei dir persönlich das Interesse an einem nachhaltigen Umgang mit Mode?

Elena: Ich habe nach meinem Abitur in Trier an der dortigen Hochschule von 2010 bis 2014 Modedesign studiert. Während meiner Studienzeit gab es in meiner Wahrnehmung keinen Fokus auf Nachhaltigkeit, weder in Bezug auf Upcycling noch die Auswahl der Stoffe bzw. das gewählte Material. Über Praktika habe ich nach meinem Abschluss angefangen im Szenenbild bei Filmproduktionen zu arbeiten. Leider waren Nachhaltigkeit und eine recyclefreundliche Entsorgung am Ende einer Produktion selten ein Thema. Auch aus diesen Gründen habe ich der Filmbranche den Rücken gekehrt und im IGLU meinen Ort gefunden, um meine Liebe für Nachhaltigkeit, Arbeit in Gemeinschaft und auch Textilien ausleben zu können.

Wie würdest du IGLU mit drei Adjektiven beschreiben?

Elena: Innovativ, ganzheitlich und kreativ!

Was sind eure Ziele?

Elena: Unsere gemeinnützigen Ziele sind das Fördern von Bildung, des Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutzes sowie von bürgerschaftlichem Engagement. Wir wollen erreichbar und zugänglich für ein möglichst großes und diverses Publikum sein.
In unserem Tauschraum setzen wir seit einem Jahr das gemeinschaftsbasierte Wirtschaften um: Gemeinschaftsbasiertes Wirtschaften bedeutet, dass eine Gruppe von Leuten ihre Ressourcen, Dienstleistungen und Kreativität zusammentut, um gemeinsam durchzustarten. Statt nur auf den Markt zu setzen, setzen sie auf Teamwork, Solidarität und den Austausch. So soll eine Wirtschaft entstehen, die nicht nur funktioniert, sondern auch fair und nachhaltig ist – eben mit einem Extra an Gemeinschaftsgeist.

Wie wollt ihr diese Ziele konkret erreichen?

Elena: Wir wollen den Menschen praktische Konsum- und Bezahlalternativen näherbringen. Beispielsweise Tauschen, das zu zahlen, was es einem selbst wert ist, gemeinschaftsbasiertes Wirtschaften und Upcycling. In Zukunft möchten wir noch vermehrt Kinder und Jugendliche ansprechen und wir bauen unsere Workshops entsprechend aus, um auch jüngeren Menschen diese Themen näher zu bringen. Neben unserem Ladenlokal gibt es in Nordrhein-Westfalen und auch bereits vereinzelt in anderen Bundesländern Jeans-Recycling-Boxen, in denen wir Jeans für das Faser-zu-Faser-Recycling sammeln.

Wie seid ihr auf die Jeans-Recycling-Boxen gekommen? Und warum gerade Jeans?

Elena: Viele Menschen wissen nicht, dass und wie sie ihre kaputten Textilien recyclen können. Im schlimmsten Fall werden diese im Restmüll entsorgt und verbrannt. Die Jeans ist ein wertvoller Rohstoff, wenn sie aus mindestens 95% Baumwolle besteht. Sie lässt sich recyclen und aus ihr lässt sich Baumwollgarn spinnen, dass wieder zur Produktion von Textilien genutzt werden kann. Durch eine Förderung konnten wir 2021 das Jeans-Recycling-Projekt ins Leben rufen. Wir haben eine Webseite und einen Bildungsfilm erstellt, Infomaterialien produziert und zahlreiche Jeanssammelstationen eröffnet. Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner, dem Textilrecycler Altex sammeln und recyclen wir seitdem Jeans. Bisher haben wir so rund 10.655 kg Jeans gesammelt und damit etwa 71 Mio. Liter Wasser eingespart sowie circa 163 t CO2-Emissionen vermieden.

Was passiert mit meiner Jeans, wenn ich sie in der Recycling-Box abgebe?

Elena: Unsere Sammelstellen informieren uns, wenn ihre Boxen voll sind. Unser ehrenamtlicher Fahrer holt die Jeans dann ab. Im Laden kontrollieren wir nochmal den Baumwollgehalt und sortieren eventuell aus. Wenn der IGLU-Keller dann voll ist, organisieren wir eine Fahrt zu unserem Recycler nach Gronau. Dort werden die Jeans in verschiedenen Schritten zerkleinert und die Fasern werden an eine Spinnerei, die Baumwollgarn herstellt, gegeben. Durch das „offene" Sammeln wissen wir leider nicht, wer das Baumwollgarn abkauft und verwendet. Wir haben momentan nicht die Mittel, das Jeans-Recycling-Projekt so zu führen, dass wir diesen Weg nachvollziehen könnten. Das ist sehr schade und wir hoffen sehr, dass wir in der Zukunft den Kreis des Wissens schließen können und wissen, wer das Garn abkauft und verwendet.

Und was kann ich mit anderen Kleidungsstücken machen, um sie möglichst nachhaltig weiterzuverwenden?

Elena: Du kannst sie an Secondhandläden spenden oder tauschen. Außerdem sind „recyclehero“ seit Kurzem in vielen Städten in Deutschland tätig. Das Hamburger Startup holt deine Altkleider bei dir zuhause ab und gibt sie dann an lokale Secondhandläden weiter. Alle Textilien bleiben in Deutschland und „recyclehero“ arbeitet in allen Städten darauf hin, dass die KLeider sogar in der Stadt bleiben und dort weiterverwendet werden.

Inwiefern können die Projekte von IGLU ein Vorbild für ähnliche Initiativen sein?

Elena: Ein IGLU sollte es überall geben! Wir sind ein kleiner Laden und das macht einen großen Teil des Charmes aus. Man kennt sich, kommt zum Quatschen. Eben ein Wohnzimmer im Viertel. Wir alle stehen regelmäßig vor Konsumentscheidungen und wir müssen uns jeden Tag entscheiden, was wir essen und wie wir uns kleiden. Daher ist ein Besuch im IGLU ein „rundes Erlebnis“.

Was würdest du anderen mitgeben wollen, die sich für Nachhaltigkeit und Recycling engagieren möchten?

Elena: Manchmal ist es schwierig, einen Anfang zu finden. Das Thema Nachhaltigkeit ist riesig groß und es gibt unfassbar viele Facetten. Es ist natürlich wichtig, dass man für ein Thema brennt, aber man darf sich auch nicht verlieren und ausbrennen. Das kann im Ehrenamt schnell mal passieren. Also achtet auf euch und versucht nicht die ganze Welt auf einmal zu ändern ;)

Wie kann man sich bei euch ehrenamtlich engagieren?

Die Menschen im IGLU-Team helfen im Shop und übernehmen Schichten. Manche wöchentlich, manche hin und wieder. Wir brauchen immer wieder Menschen, die uns an Infoständen unterstützen, dies wird dann auch durch unsere Ehrenamtlichen unterstützt. Je nach Interesse und Kenntnissen helfen sie bei Upcyclingworkshops oder organisieren auch selbst Veranstaltungen wie Vorträge. Manche stehen neben ihrem Ehrenamt im beruflichen Leben und verknüpfen dies mit IGLU-Themen.

Was muss sich deiner Meinung nach ändern, um die Begriffe „Klima und Klamotten“ in Einklang zu bringen?

Elena: Wir müssen aufhören über unsere Bedürfnisse zu konsumieren, damit wir als Folge nicht über unsere Bedürfnisse produzieren. Es braucht eine frühzeitige Aufklärung darüber, woraus Textilien bestehen und was das Produzieren und Entsorgen für Menschen und Umwelt, vor allem in den Produktions- und Exportländern für Textilmüll, bedeutet. Also vom Anfang der Produktion bis zur letzten Station des Textilmülls, damit sich daraufhin auch das Handeln ändert.
Insgesamt müssen wir alle Konsumentscheidungen mit dem Wissen treffen, dass sie Konsequenzen haben. Nur wer informiert ist, kann bewusst handeln. Am besten werden wir alle so von passiven Konsument:innen zu aktiven Nachhaltigkeitsfreund:innen ;)

Vielen Dank für das lehrreiche Interview!

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Das Interview entstand im Rahmen des Projekts Klima&Klamotten

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Autorin / Autor: Larissa Menne, Elena Schiff - Stand: 6. März 2024