Werbung auf dem Laufsteg

Unter Beobachtung: „Germany's Next Topmodel“ strotzt vor Produktplatzierungen

Wer den Fernseher einschaltet, um sich unterhalten zu lassen, muss auch außerhalb der Werbepausen allerlei Werbung über sich ergehen lassen. So wird bei „Germanys next Topmodel“ nicht nur die vermeintlich schönste und talentierteste Casting-Teilnehmerin präsentiert. Präsentiert werden vor allem Produkte, die die ZuschauerInnen kaufen sollen. So trinken die angehenden Models, während sie unter Beobachtung der Kameras stehen, ausschließlich Evian-Wasser, kleiden sich mit C&A-Mode oder ziehen auffällig rote Samsonite-Koffer durch die Gegend. Damit ist die Casting-Show Spitzenreiter unter den Produktplatzierungen, wie eine aktuelle Studie zeigt. In keiner anderen Fernsehsendung werden mehr Produkte und Marken offensichtlich in Szene gesetzt.

Neue Werberegelungen

Seit April 2010 sind bezahlte Produktplatzierungen in Unterhaltungssendungen auch außerhalb der Werbeblöcke erlaubt. Allerdings müssen die Sender auf diese zu Beginn und am Ende der Sendung deutlich hinweisen, etwa durch das „P“-Logo oder die Einblendung „unterstützt durch Produktplatzierung“. Die Landesmedienanstalten wollten jetzt wissen, ob und wie die TV-Sender die neuen Freiheiten genutzt haben. Zwei Wochen Fernsehprogramm aus Sendungen von 17 Privatsendern ließen sie vom Göttinger Institut für Medienforschung (IM-GÖ) analysieren.

*Warum brauchen Models „Evian“?*
Die meisten Produktplatzierungen fanden die Experten in Castingshows. Neben „Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins) und „Das Supertalent“ (RTL), scheint Werbung vor allem auf ProSieben gerne eingesetzt, wie in „Die Model WG“, „Fashion & Fame“ und als absoluter Spitzenreiter in Sachen Produktplatzierungen „Germany’s Next Topmodel“.

Vor allem in Castingshows wirke die Platzierung von Markenprodukten oft beliebig und „künstlich“ erzwungen, kritisieren die Projektleiter. „So haben beispielsweise die Siemens-Küchengeräte in der Show ‚Deutschlands Meisterkoch’ (Sat.1) eine gewisse inhaltliche Begründung und fügen sich gut ein. […] Warum es hingegen inhaltlich sinnvoll bzw. gar notwendig ist, die Würstchenbude in ‚Jumbos Würstchenmillionär’ ausgerechnet vor einem Obi-Markt aufzustellen oder den angehenden Mannequins in ‚Germany’s next Topmodel’ fortwährend Evian-Mineralwasser zuzuführen, ist nicht ersichtlich“, heißt es in der Studie.

*Keine Lizenz zur Lobhudelei*
Fast alle Sender hielten sich an die gesetzlichen Regelungen und kennzeichneten die Produktplatzierungen. Dennoch sind vier Sendungen aufgefallen, die möglicherweise zu viel Schleichwerbung enthielten. Direkt zum Kauf aufgefordert werden dürfen die ZuschauerInnen nämlich nicht.

Die Designer-Casting-Show „Fashion & Fame – Design your dream!“ hätte beispielsweise laut Experten als „Dauerwerbesendung“ gekennzeichnet werden müssen, da „der Werbecharakter hier erkennbar im Vordergrund steht und einen wesentlichen Bestandteil der Sendung ausmacht“ (Auszug aus der Studie). Die Sendung wurde von ProSieben in enger Abstimmung mit „Otto“ konzipiert. Das Modeversandhaus ist innerhalb der Casting-Show allgegenwärtig und es wird mehrfach verbal darauf hingewiesen, dass die gezeigten Kleidungsstücke im Internet zu erwerben sind.

Zu „verkaufsfördernd“ verhielt sich nach Ansicht der Medienforscher auch Ralf Zacherl in seiner Sendung „Zacherl – einfach kochen“ (Sixx). Deutlich erkennbar, dass es sich dabei um Produkte von Iglo handelte, hantierte er mit Packungen von Tiefkühlerbsen und –spinat herum und das nicht, ohne ausgiebig die Vorzüge der Tiefkühlware gegenüber der frischen herauszustellen. Die zuständigen Medienanstalten werden diesen und ähnliche Fälle weiter prüfen.

*Keine Goldgräberstimmung*
Obwohl sich den Sendern neue Einnahmequellen auftun, nutzen nur wenige die neu geschaffenen Werbemöglichkeiten: „Bislang gibt es keine flächendeckende Durchdringung mit bezahlten Produktplatzierungen. Trotz der deutlichen Liberalisierung der Gesetze nutzen die Sender diese Form der Erschließung neuer Finanzierungsquellen noch nicht in großem Umfang“, sagt Professor Dr. Helmut Volpers, Projektleiter der Studie. Die Gründe hierfür sehen die Experten in der „noch nicht geklärten Aufteilung der Erlöse zwischen Produzenten und Veranstaltern“.

Da viele in den Werbepausen wegschalten, rechnet Volpers allerdings damit, dass sich die Produktplatzierungen in den nächsten Jahren häufen werden.

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 16. Juni 2011