Die Kultur des Spielens

Studie untersuchte, wie Wettbewerbs- oder Kooperationsspiele mit früheren Gesellschaftsstrukturen zusammenhingen

Wieviele Konflikte die menschliche Spezies auch untereinander hat, sie eint, dass sie Spiele spielt. Aber natürlich unterscheidet sich die Art der Spiele je nach Kultur. So können Menschen Spiele nutzen, um kulturspezifische Informationen zu bewahren und den Mitgliedern der Gemeinschaft beizubringen. So ist es zum Beispiel in Deutschland wahrscheinlicher, dass Wettbewerbsspiele gespielt werden und keine Spiele, in denen man zusammenarbeitet. "Wir denken, dass Spiele Aspekte menschlicher Kulturen widerspiegeln könnten, z.B. wie wettbewerbsorientiert oder kooperativ die Kulturen sind", sagt Sarah Leisterer-Peoples, Forscherin am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Frühere Forschungen deuten darauf hin, dass in sozial hierarchischen Kulturen oder solchen mit Unterschieden in Status und Reichtum häufig wettbewerbsorientierte Spiele gespielt werden. Während in Kulturen mit geringen oder gar keinen Unterschieden in Bezug auf Status und Reichtum, die Spiele dagegen eher kooperativ seien. Die bisherigen Studien haben diese These jedoch nur in einer kleinen Handvoll von Kulturen untersucht, was das Ergbnis natürlich einschränkt. In einer neuen Studie, die sich auf historische Daten stützt, gingen Forscher_innen aus Deutschland (Leipzig, Jena, Gera) und Australien der Frage genauer auf den Grund und wollten wissen, ob die Spiele, die Kulturen spielen, mit ihrem Kooperationsverhalten korrespondieren.

Historische Spiele im Pazifikraum

In einem ersten Schritt sichtete das Forscherteam eine Datenbank mit historischen Spielen, die von Kulturen im Pazifikraum gespielt wurden. Die Kulturen waren sehr unterschiedlich, zum Beispiel im Konkurrenzverhalten, hatten aber auch Gemeinsamkeiten, zum Beispiel, wie sie ihre Nahrung beschaffen. "Wir haben versucht, diese Unterschiede herauszuarbeiten und gleichzeitig ihre Gemeinsamkeiten zu berücksichtigen", so Leisterer-Peoples.

In einem zweiten Schritt ermittelten die Wissenschaftler_innen Merkmale von Kulturen, die auf deren Kooperationsbereitschaft schließen lassen. "Eine der Schwierigkeiten bei historischen Daten ist, dass man nicht in die Vergangenheit zurückgehen kann, um Interviews mit Menschen aus verschiedenen Kulturen zu führen, sondern sich auf die historische Dokumentation dieser Kulturen verlassen muss", sagt Leisterer-Peoples. Sie untersuchten zum Beispiel, wie sozial hierarchisch Kulturen strukturiert waren, wie oft Mitglieder einer Kultur miteinander in Konflikt gerieten, wie oft Kulturen mit anderen Kulturen in Konflikt gerieten und wie oft Gruppenmitglieder in Gruppen jagen und fischen. "Dies sind reale Indikatoren für kooperatives Verhalten", so die Forscherin. Am Ende konnten sie 25 Kulturen ausfindig machen, für die historische Informationen sowohl über die von ihnen gespielten Spiele als auch über relevante kulturelle Merkmale vorlagen.

Spiele ahmen das Verhalten in der realen Welt nach

Ein auf den ersten Blick erstaunliches Ergebnis: die Kulturen, die häufig Konflikte mit anderen Kulturen hatten, spielten mehr Kooperations- als Wettbewerbs-Spiele. Kulturen, die jedoch häufig interne Gesellschafts-Konflikte hatten, spielten mehr Wettbewerbs- als Kooperations-Spiele. Wie sozial hierarchisch die Kulturen waren und ob sie in Gruppen fischten und jagten, hing nicht zuverlässig damit zusammen, welche Arten von Spielen gespielt wurden.

"Diese Ergebnisse mögen auf den ersten Blick nicht intuitiv erscheinen, ergeben aber im Lichte der Theorien über die Evolution der Kooperation in kulturellen Gruppen einen Sinn. In Zeiten des Konflikts mit anderen Kulturen müssen die Gruppenmitglieder miteinander kooperieren und mit ihren Gegnern konkurrieren. Dies spiegelt sich in den Arten von Spielen wider, die gespielt werden - Spiele mit konkurrierenden Gruppen. Und wenn es viele Konflikte zwischen den Mitgliedern einer Gruppe gibt, neigen sie dazu, Spiele zu spielen, die wettbewerbsorientiert sind. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Spiele, die wir spielen, die sozio-ökologischen Merkmale der Kultur, in der wir leben, widerspiegeln", sagt Leisterer-Peoples. Spiele ahmen also das Verhalten in der realen Welt nach und können ein Weg sein, auf dem Gruppennormen in der Kindheit gelernt und geübt werden.

Was ist mit der heutigen Spielkultur?

Natürlich müssten künftige Studien dieses Ergebnis weiter untersuchen, insbesondere in anderen Teilen der Welt und in modernen Kulturen, so Leisterer-Peoples. "Wir wissen nicht, ob dieser Effekt in der heutigen Spielkultur noch relevant ist. Heutzutage haben gekaufte Spiele und Videospiele die traditionellen Spiele, die Kinder in ihrer Freizeit spielten, verdrängt. Zukünftige Studien müssen auch die spezifischen Fähigkeiten untersuchen, die durch Spiele erlernt werden, und nicht nur den Grad der Kooperation in den Spielen. Dies ist erst der Anfang von Studien über Spiele in verschiedenen Kulturen. Es gibt noch viel mehr zu entdecken!"

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