Schreiben auf dem Klavier

Forschung: Schneller tippen mit "PianoText"

Bild: LizzyNet

Tja, auf die Idee muss man erst mal kommen: Mit dem Klavier lässt sich schneller schreiben als auf der Tastatur, wenn denn die Tasten Buchstaben wären und der/die SpielerIn ein Virtuose an dem Instrument. So weit so gut. Darauf gekommen sind ForscherInnen des Max-Planck-Instituts für Informatik, die sich - beeindruckt von der Fingerfertigkeit professioneller KlavierspielerInnen - fragten, ob sich diese Schnelligkeit der Finger auch nutzen lassen könnte, um Texte zu tippen. Um das zu überprüfen, funktionierten sie ein Klavier in eine Schreibtastatur um.
Dafür mussten sie allerdings zunächst Hunderte Musikstücke analysieren, schließlich sollte die Tastatur optimal auf häufig vorkommende musikalische Muster abgestimmt sein.

„Für unsere Arbeit war es wichtig, herauszufinden, welche Noten und Akkorde wie oft vorkommen und wie die Übergänge in der Notenfolge aussehen.“ erklärt Anna Feit, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Informatik. Das Ziel dabei: Die Buchstaben und Wörter so auf die Tasten zu übertragen, dass diese Notenfolgen bei der Texteingabe gespielt werden.

Die Tastatur haben die Informatiker für die englische Sprache optimiert. Dabei wurden häufige Buchstaben mit Noten übersetzt, die besonders oft in der analysierten Musik vorkommen. Für Buchstabenpaare wie „th“ oder „he“ haben sie wichtige Intervalle wie Terzen oder Quinten verwendet.

Um zu große Abstände zu verhindern, haben die Forscher fast allen Buchstaben mehrere Noten zugewiesen: Je häufiger der Buchstabe ist, desto mehr Übersetzungen gibt es. Der Buchstabe „e“ zum Beispiel, der am häufigsten im englischen Alphabet vorkommt, kann durch vier verschiedene Noten in verschiedenen Oktaven eingegeben werden. Für gängige Silben und Wörter haben sie zudem Moll- und Durakkorde genommen, die die Eingabe der ganzen Buchstabenfolge mit nur einer Bewegung ermöglicht.

*Pianist ohne Übung so schnell wie erfahrene Schreibkraft*
Um das Verfahren in der Praxis zu erproben, haben die Wissenschaftler einen erfahrenen Pianisten gebeten, auf dem Klavier einige „Sätze“ zu spielen, die die Forscher zuvor in ein Musikstück umgeschrieben haben. „Ohne vorherige Übung konnte der Pianist über 80 Wörter pro Minute schreiben ähnlich wie eine erfahrene Schreibkraft an der QWERTY-Tastatur“, kommentiert Oulasvirta die Ergebnisse.

In einer weiteren Studie haben die Saarbrücker Informatiker eine Probandin, die nur in ihrer Freizeit Klavier spielt, gebeten, die Methode einzustudieren und die Zuweisung von Buchstaben zu Noten auswendig zu lernen. Nach einem rund sechsmonatigen Training konnte die junge Frau – ähnlich wie der Pianist – circa 80 Wörter in der Minute erfassen, diesmal aber frei von Noten. So kann sie schneller als mit der Tastatur, Freunden auf Facebook schreiben oder E-Mails verfassen. Zudem verbesserte sie mit den regelmäßigen Übungen ihr Klavierspiel.

*Doppelt so viele Noten*
Die Saarbrücker Informatiker sind bei ihrer Studie der Frage nachgegangen, warum es Pianisten möglich ist, problemlos doppelt so viele Noten pro Sekunde zu spielen, wie professionelle Schreibkräfte auf einer Tastatur Buchstaben eingeben können. Sie haben dazu untersucht, welche Faktoren des Klavierspielens auch zur Texteingabe nützlich sind und ob sie auch anderen Eingabegeräten, wie etwa der QWERTY-Tastatur, zugutekommen.

*Texte zum Klingen bringen*
Ob eine Klaviertastatur nun wahnsinnig praktisch für die Texteingabe ist, sei mal dahingestellt. Aber immerhin kann man dann auch gleich überpürfen, ob der Text auch wirklich gut "klingt". Und vielleicht erhält man dann endlich den verborgenen Untertitel zu den Stücken, die man schon seit Jahren am Klavier steht ohne sie je verstanden zu haben.

Wie das dann in der Praxis aussieht, zeigt dieses nette Video :-)

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 17. September 2013