Anders

Autor: Andreas Steinhöfel
ab 12 Jahren

Buchcover

"Anders" ist nicht nur der Titel von Andreas Steinhöfels neuem Buch, sondern zugleich auch dessen Programm – wer Steinhöfels lockeren, humorvollen Schreibstil aus Rico, Oskar und die Tieferschatten gewohnt ist oder die augenzwinkernde, turbulente Weihnachtsgeschichte "Es ist ein Elch entsprungen" kennt, wird den Autor in seinem neuen Buch nicht zwangsläufig direkt wiedererkennen. "Anders" wirkt älter, ruhiger, nachdenklicher, bisweilen im Ausdruck ein wenig elitär – was allerdings perfekt die Persönlichkeit des Protagonisten spiegelt, der im Zentrum des Buches steht. Auch, wenn es zunächst mitunter ein wenig schwer fällt, in die Lektüre hineinzufinden, ist Steinhöfels jüngstes Werk somit ein absolut lohnenswertes Leseabenteuer ...

Sogar die Ärzte sprechen von einem Wunder, als der elfjährige Felix nach 263 Tagen im Koma vollkommen unerwartet wieder zu sich kommt. Dass er sich an die Zeit vor dem Unfall, der ihn beinahe das Leben gekostet hat, nicht erinnern kann, erscheint zunächst niemandem ungewöhnlich – eine retrograde Amnesie klingt in der Regel rasch ab. Doch Felix scheint auch über die Gedächtnislücken hinaus nicht mehr derjenige zu sein, der er zuvor war; er besteht sogar selbst darauf, sich fortan nicht mehr bei seinem bisherigen Vornamen, sondern Anders rufen zu lassen.

Überhaupt verunsichern viele neue, ungewöhnliche Verhaltensweisen bald Felix‘ Familie und seine Mitmenschen im Allgemeinen. Er ist wesentlich sensibler und einfühlsamer geworden, und der Roman nimmt stilistisch diese Veränderung auf: Nachdenkliche, mystische, mitunter poetische Passagen durchziehen das Buch, der Text erweist sich als vielschichtig und tiefgründig und regt zum Nachdenken an. Aktive Handlung und auch Spannung kommen dennoch nicht zu kurz – denn bald wird deutlich, dass es jemanden geben könnte, dem Felix‘ Amnesie sehr gelegen kommt und der eine Rückkehr seiner Erinnerungen um jeden Preis verhindern will ...

Andreas Steinhöfels "Anders" ist nicht nur ein literarisches Experiment, sondern verkörpert auch zugleich die Essenz des neuen Carlsen-Imprints Königskinder, in dessen erster Edition es als Spitzentitel erschienen ist. Ruhige, literarisch hochwertige Kinder- und Jugendtitel verspricht der Verlag, nicht Masse sondern Klasse, nicht Mainstream sondern außergewöhnlich. In der Aufmachung schlicht, geradezu minimalistisch, aber stilvoll, mit Lesebändchen und dezenten, stimmungsvollen Illustrationen. Anders eben – genau wie "Anders". 

*Erschienen bei Königskinder (Carlsen)*

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Autorin / Autor: fabienne - Stand: 27. Oktober 2014