Ungerechte Stipendienvergabe

Studie fand heraus, dass Frauen, Arbeiter- und Einwandererkinder bei der Stipendienvergabe benachteiligt sind

Männchen auf Münzenturm

Dass Frauen oft beruflich benachteiligt sind und weniger verdienen als Männer ist seit längerem ein Thema. Aber dass sie auch noch bei der Stipendienvergabe in Deutschland das Nachsehen haben, ist eine neue Erkenntnis, die jetzt eine Studie der Initiative für transparente Studienförderung und der Stiftung Mercator ans Licht gebracht hat. Dabei hatten die an der Studie teilnehmenden Frauen einen deutlich besseren Notenschnitt als ihre männlichen Bewerber, was die geringere Erfolgsquote beim Rennen um Stipendien umso überraschender macht. Auch Menschen aus Nichtakademikerfamilien haben schlechtere Chancen auf ein Stipendium: Bei Kindern aus Akademikerfamilien erhalten von 100 Bewerber_innen 41 ein Stipendium. Bei Nicht-Akademikerkindern sind es nur 34. Insgesamt erhalten Kinder aus Akademikerfamilien so 30% häufiger ein Stipendium als Nicht-Akademikerkinder.

Weniger Chancen erhalten auch Studierende mit Migrationshintergrund. Kinder aus Einwandererfamilien bewerben sich weniger häufig und haben außerdem deutlich weniger Erfolg damit. Gerade bei den 13 Begabtenförderungswerken bewerben sie sich besonders selten. Ein Grund dafür kann darin liegen, dass Studierende mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Studierenden ohne Migrationshintergrund schlechter über Stipendien informiert sind.

„Das deutsche Stipendienwesen ist sozial nach wie vor sehr selektiv," sagt myStipendium-Gründerin und -Geschäftsführerin Dr. Mira Maier. Arbeiterkinder, Frauen und Studierende mit Migrationshintergrund bleiben bei den Stipendien eine Seltenheit. „So werden die Stipendienchancen maßgeblich durch das Geschlecht und das Elternhaus bestimmt - Chancengleichheit besteht hierzulande kaum“, sagt Dr. Felix Streiter, Bereichsleiter Wissenschaft der Stiftung Mercator, die sich seit vielen Jahren für mehr Bildungsgerechtigkeit einsetzt. 

Die Studie analysierte besonders die Stipendiensituation im Ruhrgebiet, wobei sich zeigte, dass Studierende aus dieser Region bei der Vergabe von Stipendien deutlich schlechter abschneiden. Sie verschicken zwar genauso viele Bewerbungen wie Studierende in Restdeutschland, haben aber deutlich weniger Erfolg.

Diese Situation zeigt sich auch hier und in nochmals verschärfter Form für die generell benachteiligten Personengruppen. So liegt die Stipendiatenquote von Studierenden mit Migrationshintergrund im Ruhrgebiet um ganze 40% unter der Stipendiatenquote von Studierenden ohne Migrationshintergrund. Im Bundesdurchschnitt beträgt die Differenz lediglich knapp 10%.

Auch die Kluft zwischen den Geschlechtern ist im Ruhrgebiet deutlich größer als in Restdeutschland. Unter Studentinnen finden sich fast ein Viertel weniger Stipendiatinnen als unter Studenten. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist damit dreimal höher als im Bundesschnitt. Handlungsbedarf besteht dabei überall: Frauen bewerben sich seltener häufig um Stipendien und sind mit ihren Stipendien auch weniger erfolgreich.

Die Studie verdeutlicht, welch großer Handlungsdruck besteht, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen – vor allem im Ruhrgebiet. Durchgeführt wurde die Studie im Juni 2016. An ihr nahmen insgesamt knapp 28.000 Studierende und Abiturient_innen aller deutschen Hochschulen teil.

Quelle:

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 21. Oktober 2016