Hasskommentare treffen vor allem Journalistinnen

Die britische Tageszeitung The Guardian wertete 70 Millionen Kommentare aus

Hate you auf Tastaur

Das Netz ist ein Ort der Debatte. Fast jeder Artikel lädt dazu ein, ihn zu kommentieren und seine Meinung zu dem Gelesenen zu sagen, mit anderen darüber zu diskutieren. Das ist demokratisch und das ist schön. Nicht schön ist, dass immer mehr Kommentare pure Beleidigungen, Hass und Diffamierungen der Autor_innen enthalten. Da fallen Sätze, die sich ein_e Journalist_in im wahren Leben nicht anhören müsste. Immer öfter machen Forumsmoderator_innen daher von ihrem Recht Gebrauch, Kommentare „unter der Gürtellinie“ zu löschen oder gar die Kommentarfunktion ganz abzuschalten, wenn sich abzeichnet, dass die Diskussion entgleitet.

Die Online-Ausgabe der britischen Tageszeitung The Guardian hat sich nun die Mühe gemacht, mal zu untersuchen, welche Artikel und Themen besonders von Hasskommentaren überschüttet werden und herausgefunden, dass Artikel von weiblichen Autoren weitaus mehr Hasskommentare anziehen als jene von männlichen Kollegen. Und dies unabhängig vom Thema. Unter den zehn am meisten von Hasskommentaren bombardierten Artikeln waren acht von Frauen verfasste. Und die zehn am wenigsten von Trollkommentaren behelligten Artikel kamen allesamt aus der Feder von Männern. Die Studie analysierte 70 Millionen Kommentare, die zwischen 1999 und 2016 abgegeben worden waren (wovon vor 2006 lediglich 22.000 stammen). Der Guardian lässt übrigens nur Kommentare auf ihrer eigenen Seite zu, nicht auf Facebook.

Die OSZE-Beauftragte Dunja Mijatović beschäftigt sich schon länger mit dem Phänomen der Bedrohung und Belästigung von Frauen und Journalistinnen im Netz. Nicht selten erhalten weibliche Autoren neben Beschimpfungen auch Vergewaltigungs- oder Morddrohungen. In einem Interview auf www.wienerin.at zitiert sie eine OSZE-Studie, in der Journalistinnen über ihre Reaktionen darauf befragt wurden. Das Ergebnis: Hassreden und Drohungen hielten sie zwar nicht davon ab, weiter zu berichten, trotzdem würden sich jetzt eher überlegen, wie sie über manche Themen berichten. Es sei "zutiefst besorgniserregend, wenn Beschimpfungen im Internet zu einer Art Selbstzensur führen", so Mijatović in dem Interview.

Quellen:

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 18. April 2016