Beispiel für eine Filmanalyse

Barfuss – Trailer für ein modernes Märchen

Die vorliegende Clipmontage ist ein Kinotrailer für den Film „barfuss“. In einer Länge von ungefähr zwei Minuten werden dem Zuschauer Szenen und Sequenzen aus dem Kinofilm gezeigt. Der Film zeigt, wie sich die Protagonisten Nick (Til Schweiger) und Leila (Johanna Wokalek) ineinander verlieben. Nick ist ein verantwortungsloser Junggeselle, der aus einer wohlhabenden Familie kommt.  Leila lebte 19 Jahre eingesperrt bei ihrer Mutter und sieht die Welt mit den Augen eines kleinen Kindes. Beide machen sich auf eine Reise und lernen sich so kennen und lieben.

Der Trailer teilt sich in drei Teile auf. Zuerst werden die Protagonisten eingeführt, dann ein wenig die Geschichte und zum Schluss ein Matchcut aus Szenen, die den Zuschauer neugierig machen sollen.
Die erste Sequenz zeigt eine nackte Frau in einer Nahaufnahme, die einen schwarzen BH hochhält. „Das ist aber nicht meiner!“ Der Betrachter kommt so gleich ins grübeln darüber, wie jetzt wohl der Mann reagiert. In der darauf folgenden Einstellung ist Nick zu sehen. Er ist angezogen und antwortet: „ Ja, mir gehört er auch nicht.“ Beide werden nicht in einem Bild gezeigt, das schafft Distanz zwischen den Charakteren, da sich wohl in einer Streitsituation befinden. Oder sich vielleicht auch nicht kennen. Dies wird dem Zuschauer nicht deutlich gemacht, da es sich nur um einen Trailer handelt. Es folgen Einspieler von „Buena Vista International“ und „Touchstone Pictures“.
Das Nick eher ein Verlierer ist, wird in der kommenden Szene dargestellt. Ein schmuddeliger Hausmeister zeigt Nick, der im Anzug vor ihm steht, wie er eine Toilette zu putzen hat. Die Kamera filmt den Hausmeister aus einer Aufsicht. Er wirkt somit klein und unbedeutend. Nick hingegen wird aus einer Untersicht dargestellt. Im Grunde ist das ein eher heroisches  Zeichen für eine höhere Stellung des Charakters. So steht der Dialog im völligen Kontrast zu den angewandten filmischen Mitteln. Auch, dass der Hausmeister Nick auslacht wirkt Surreal wegen den Einstellungen und den Kostümen.


In einer Detailaufnahme wird ein triefend nasser Mopp auf den Boden gesetzt. Danach ist der Protagonist in einer Vogelperspektive zu sehen. Er wischt einen großen Raum, mit dem Mopp, den wir zuvor in der Detailaufnahme gesehen haben. Eine weitere Person ist im Bildausschnitt zu erkennen. Ein Mann im Bademantel sitzt am unteren rechten Bildrand und scheint den Protagonisten bei seiner Arbeit zu beobachten. Die Kamera zeigt also eine Totale in einer extremen Aufsicht. So kann der Zuschauer alles sehen, was sich in diesem großen Raum abspielt. Auffallend in diesem Bild ist die Arbeit mit dem Licht. Die großen Fenster im Saal sind von außen überstrahlt. Die Umgebung rund um das Gebäude ist so nicht zu erkennen. So kann dieser Raum an jedem beliebigen Ort sein. Mitten in einer Stadt, oder in einer ländlichen Gegend. Die Umgebung scheint aber in der Dramaturgie keine Rolle zu spielen.
Des Weiteren spiegeln sie sich in dem schon gewischten Boden und teilen den Raum in hell und dunkel. In Gut und Böse. Der Beobachter sitzt in dunklen Teil des Bildes, scheint also nicht auf der Seite des Protagonisten zu stehen. Auch stehen in dem Raum keine Möbel, bis auf ein paar Stühle und ein Paar Bälle liegen in einer Reihe. Die Putzutensilien von Nick, ein kleiner Eimer und ein alter Mopp, scheinen dafür nicht geeignet zu sein. Also, muss der Protagonist einen richtigen „Scheißjob“ machen.

Die kommende Einstellung zeigt eine Overshouldershot von Nick zu einer Frau mit einem Kittel. Sie zeigt auf ihn und feuert ihn. Durch den Overshouldershot wird eine Verbindung zwischen der Frau und Nick hergestellt. Dem Zuschauer wird so klar gemacht, dass sie ihn rausschmeißt. Auch wird so noch einmal die gesellschaftliche Stellung von Nick verdeutlicht. Er kann sich noch nicht einmal in so einem schlechten Job halten. Warum wird dem Zuschauer in dem Trailer nicht gezeigt.

Im nächsten Bild wird die Protagonistin Leila gezeigt. Sie ist in einer Großaufnahme zu sehen. Sie steht vor einem, wieder sehr überstrahltem Fenster. Sie fragt in den Raum: „Was machst du hier?“  Dann folgt in einem Shot-Reverse-Shot (SRS) ein kurzer Dialog mit Nick. „Eigentlich nichts, ich bin gerade rausgeflogen!“, antwortet er. Leila fragt verdutzt: „Du kannst fliegen?“ Durch den SRS wird deutlich, dass die beiden sich unterhalten.  Jetzt folgt ein Matchcut. Die Protagonisten befinden sich an einem anderen Ort. Der Dialog scheint jedoch weiterzugehen. „Du kannst doch nicht einfach so aus der Klinik abhauen!“ Nick wird im Overshouldershot gezeigt. Dann ein SRS auf Leila. „Ich möchte bei dir bleiben.“, gibt sie an. So werden Leila und ihre Geschichte ein eingeführt. Sie scheint völlig weltfremd, als sie fragt ob Nick fliegen könne und nicht auf die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Kündigung eingeht. Und das sie aus irgendeiner Klinik ausgebrochen ist, um bei dem Protagonisten zu bleiben.

Dass es ihr ernst ist, zeigt die darauf folgende Totale. Sie sitzt wie ein bockiges Kind im Bett, hat die Bettdecke über die Knie gezogen und schmollt während Nick sie anschreit, dass sie sofort sein Bett verlassen solle.
Die nächsten Einstellungen machen deutlich, dass Nick sie zurück bringen möchte. Eine Stimme aus dem Off befiehlt dem Hauptdarsteller, das Mädchen sofort wieder zurück zu bringen. Dann steht Nick in einer Telefonzelle und antwortet der Stimme, dass Leila sich nicht zurückbringen lässt. Den Höhepunkt, den Leilas Willen Zeigt ist wie beide Protagonisten in einer Großaufnahme sich gegenüberstehen, durch ein Auto voneinander getrennt. „Ich werde dich nicht verlassen!“, sagt sie überzeugt. In der nächsten Sequenz sitzen die beiden im Auto. Er am Steuer und sie auf der Rückbank. Er schüttelt entnervt den Kopf. Hier arbeitete die Postproduction mit mehren Matchcuts, die durch den der Dialog dramaturgisch zusammen passt und die Beziehung der Protagonisten zueinander widerspiegelt.

In der darauf folgenden Szene ist steht Leila vor einem Auto, aus dem ihr ein schmieriger Mann zuzwinkert. Im Off hören wir wieder eine Stimme, die Leila noch einmal als „völlig naives, gutgläubiges und total hilfloses Mädchen“ beschreibt. Dies bringt beim Zuschauer die Assoziation mit sich, dass der Mann im Auto wohl keine sehr ritterlichen Absichten hat, als er Leila zuwinkert. In der folgenden Sequenz sehen wir, zu wem die Stimme aus dem Off gehört.

Sie gehört zu der Frau im Kittel, die Nick gefeuert hat. Sie scheint die Psychiaterin von Leila zu sein, da sie Leilas` Situation sehr gut zu kennen scheint. Sie wird in einer Großaufnahme gezeigt, im Hintergrund ist noch weiteres Pflegepersonal, in einer Tiefnunschärfe, zu erkennen. Sie scheint jemanden Leilas’ Problematik zu erklären. „Sie wurde 19 Jahre von ihrer Mutter zuhause festgehalten, ohne Kontakte zur Außenwelt!“
In einem Reverse-Shot sehen wir dann auch die Person, der diese Dinge erklärt wurden. Auch er ist in einer Großaufnahme dargestellt. „19 Jahre mit meiner Mutter, da würd ich auch abhaun!“ gibt der Mann, in einen schwarzen Anzug gekleidet, an.

Hier macht der Trailer auch einen Bruch. Die Musik, die nur beiläufig im Hintergrund lief, stoppt plötzlich. Eine Schwarzblende geleitet den Zuschauer zum einblenden des Filmtitels. „barfuss“, in einer dicken Schrift, mittig platziert.

„Ob du mir im Auto eins bläst, will ich wissen?“ fragt der schmierige Mann, mit einem französischen Akzent,  Leila, die inzwischen Neben ihm sitzt. Beide sind von der Seite in einer Großaufnahme zu sehen. „OK.“ Die Antwort von ihr wird von der anderen Seite des Autos gezeigt. Die Darsteller werden auf der Handlungsachse gefilmt. Die Charaktere sitzen im Auto und der Zuschauer sieht nur den sprechenden Charakter und somit auch die Reaktion auf die Frage und die Antwort. Der Mann ist sichtlich erfreut und scheint seine Hose zu öffnen, während sie ihre Lippen spitzt und anfängt zu pusten. Seine verwirrte Reaktion wird in einem Reverse-Shot gezeigt. Die Musik beginnt erneut im Hintergrund zu spielen. Ab hier wird Leilas Problematik erneut mit witzigen Szenen aus dem Film dargestellt. Das verweißt den Zuschauer auf das Genre des Filmes. Es handelt sich um eine Komödie.

Um zu zeigen, dass die Protagonistin sich im Laufe des Filmes immer selbstbewusster wird, wird durch den nächsten Ausschnitt deutlich. Sie sitzt alleine im Dunkeln auf einer Bank und scheint auf etwas zu warten. Ein aufgebrachter Mann sagt, dass sie von der Bank verschwinden soll.  Darauf hin wird die Hauptdarstellerin in einer Großaufnahme gezeigt. „Ich lasse mich nicht anquatschen!“ Durch die verschiedenen Kameraeinstellungen, wirkt das sehr entschlossen. Die Totale am Anfang der Sequenz, wirkt sie allein und hilflos. Der Mann ist zuerst nur durch seine Stimme wahrnehmbar. Die Person wird erst im Schnitt auf die Handlungsachse sichtbar, und ist so nicht mehr ganz so bedrohlich, weil wir jetzt wissen, wer da eben gesprochen hat. Leila sieht ihn nicht an. Die Großaufnahme von ihrem Gesicht ist also das beste Ausdrucksmittel für ihre Entschlossenheit, da der Betrachter diese auch in ihrer Mimik sehen kann. Aber auch die Entschlossenheit, Leila von der Bank zu vertreiben, wird durch den erneuten Schnitt auf die Handlungsachse sehr deutlich.

Ob Leila sitzen bleibt oder nachgibt wird dem Zuschauer nicht gezeigt. Denn jetzt beginnt die Phase des Trailers, die nur noch witzige und schöne Situationen mit den Protagonisten zeigen, um den Film für die Zuschauer interessant zu machen.

Wie die folgende Elipse. Die Protagonisten Unterhalten sich über den Gegenspieler von Nick. Nick beschreibt ihn als eine steife Person und verwendet das Synonym „Stock im Arsch“ dafür. Leila scheint das wörtlich zu nehmen. In der nächsten Szene beteuert sie dem Charakter ihr Mitgefühl wegen des Stockes im Hintern. Die Poente, die im Film eine ganze Zeit auf sich warten lässt, wird hier nach kurzer Zeit geliefert. Das sind auch die letzten Dialoge, die in dem Trailer vorkommen. Danach tritt der Titelsong des Filmes in den Vordergrund. Bilder werden Clipartig darauf zugeschnitten. Diese Bilder geben dem Zuschauer noch einmal die Gelegenheit sich auf die Stimmung im Film „barfuss“ vorzubereiten.  Eine verträumte Beleuchtung mit vielen, warmen Tönen. Ungewöhnliche Autos, wie das englische Taxi. Feuerspucker vor einem alten Kettenkarussell. Actiongeladene Szenen. Ein Jeep fährt durch ein kleines Gebäude gegen ein übergroßes Huhn, welches mit seinem Schnabel das Autodach aufreist. Eine Schnitt auf die schwarze Leinwand und Einblenden der Schauspieler Til Schweiger und Johanna Wokalek und erneut den Filmtitel. Diese Einblendung wird als Puffer für eine erneute Ellipse verwendet. Zum Schluss ist Leila mit dem kaputten Auto und einem Mann zu sehen. Sie erzählt, dass sie mit einem sehr großen Huhn zusammengestoßen sei.

Zusammenfassend lässt sich über diesen Trailer sagen, dass er sowohl die dramatische Geschichte der Protagonisten, als auch den Witz und Charme der deutschen Komödie sehr gut widerspiegelt. Am Anfang führt er die Hauptcharaktere und die Geschichte ein, gegen Ende lustige Szenen, die auf mehr hoffen lassen und meiner Meinung nach nicht zu viel Versprechen.

Autorin / Autor: Friederike - Stand: 7. April 2009